Unerwartet im Gastro-Abenteuer
Warum die GSW ein barrierefreies Café in der ehemaligen Schokoladenfabrik eröffnet
Ein neuer Meilenstein für Hasserode: In der einstigen Argenta-Schokoladenfabrik eröffnet am Sonntag das Genussmomente-Café der Gemeinnützigen Gesellschaft für Sozialeinrichtungen (GSW). Das barrierefreie Café will die Gäste mit frischer, regionaler Küche im geschichtsträchtigen Ambiente überzeugen.
„Es geht uns nicht um Umsatz. Wir wollen hier kostendeckend etwas Gutes anbieten“, sagt Sandra Lewerenz. „Und wenn wir gut sind, dann werden auch die Gäste kommen.“ Dass sich die Chefin der Gemeinnützigen Gesellschaft für Sozialeinrichtungen in Wernigerode (GSW) einmal mit dem Betrieb eines Cafés beschäftigen würde, hätte sie wohl noch vor einem halben Jahr nicht gedacht.
Nun steht sie an der Theke des Genussmomente-Argenta-Cafés – mit der Gewissheit, dass sich die GSW ab Sonntag in das Abenteuer eines Gastronomiebetriebs stürzen wird. „Wir hatten nie vor, das Café zu betreiben“, sagt sie. „Aber im Juni haben die Investoren und wir als größter Eigentümer auf dem Argenta-Areal uns in die Augen geschaut und haben entschieden, dass die GSW das Objekt zu einem verträglichen Mietpreis anmietet und in Eigenregie betreibt“, berichtet sie.
Die GSW besitzt einen Großteil der einstigen Schokoladenfabrik in der Karnatzkistraße. Das städtische Tochterunternehmen betreibt in dem Gebäude eine Tagespflege und tritt als Vermieter mehrerer altersgerechter Wohneinheiten auf. Die Mieter können Services wie Einkaufsdienste, hauswirtschaftliche Dienste, Pflege- und Betreuungsangebote zusätzlich buchen. Und: Auch das barrierefreie Café wurde von Anfang an bei der Vermarktung angeführt.
Jedoch sei man immer von einem externen Betreiber ausgegangen, sagt auch Hartmut Strecker. Er ist neben Volkmar Beck einer der Investoren, die das gesamte Areal an der Burgmühlenstraße entwickelt und bebaut haben. Das Café sollte ursprünglich an einen Profi verkauft werden, der es dann nach seinen Vorstellungen mit Leben erfüllen sollte. „Wir haben lange gesucht, haben alle Gastronomen in Wernigerode angesprochen und hatten auch durchaus Interesssenten“, sagt Hartmut Strecker rückblickend. „Zuletzt zwei Frauen aus Halberstadt.“ Die seien im Juni abgesprungen. Das sei der Moment gewesen, in dem sie die Verantwortung gespürt habe, erinnert sich Sandra Lewerenz.
Keine Spur vom Fachkräftemangel
Am Sonntag, 29. September, eröffnet nun das erste Café der GSW, die zwei Großküchen in der Burgbreite und im Stadtfeld zur Versorgung der Heimbewohner betreibt. Es entstehen im Café mehrere Arbeitsplätze: Zwei Köche, zwei Beiköche und vier Restaurantfachkräfte sowie mehrere Studenten und auch Nachbarn werden in dem Lokal arbeiten. Vom in der Gastro-Branche berüchtigten Fachkräftemangel habe Sandra Lewerenz wenig gespürt. „Wir hatten auf Anhieb einige Bewerbungen. Wir sind eines von ganz wenigen Cafés, die mit öffentlichen Tarifen arbeiten“, erklärt sie. Das sei ein exklusives Kriterium für Interessenten aus der Branche.
Punkten soll das barrierefreie Lokal, das auch Rollstuhlfahrer und Familien mit Kinderwagen problemlos besuchen können, mit frischer, regionaler Küche. Es werde auch extra Gerichte für Kinder geben. „Alles, was geht, wird selbst zubereitet“, sagt Susanne Mattheis, die das Konzept für das Café erdacht hat. Ob die Eiswaff eln, der Tafelspitz oder der Belugalinsensalat – großer Wert werde auf ausgewogene und gesunde Rezepte gelegt, die obendrein schmecken.
Die Qualitätsbeauftragte für Hauswirtschaft hat vor gerade einmal einem Jahr im Unternehmen angefangen und sofort Schwung in die GSW gebracht, berichtet ihre Chefin. Susanne Mattheis, die aus Blankenburg stammt, schwärmt von dem engagierten Personal in den Großküchen. „Das ist unser großer Vorteil: Wenn im Café Not am Mann ist, kann jemand aus den Großküchen einspringen. Alle haben Lust drauf“, sagt sie.
Zielgruppe sind Wanderer, Familien und Anwohner
Zielgruppe sind die Menschen, die im Quartier leben. „Wir wollen aber auch Wanderer und Touristen ansprechen“, erklärt sie. Vor Kurzem sei an der neuen Brücke eine Sonderstempelstelle der Harzer Wandernadel aufgestellt worden. So werde das Café auch Ausflügler anlocken. Gegenüber des Cafés entsteht noch ein Spielplatz. „Die Eltern können im Außenbereich sitzen und haben ihre Kinder im Blick“, sagt die dreifache Mutter. Im Innenraum finden 42 Gäste Platz, außen sind weitere 48 Plätze vorgesehen. Zusätzlich steht im Keller ein Veranstaltungsaal mit Beamer und moderner Licht und Tontechnik mit weiteren 66 Plätzen zur Verfügung. Geöffnet hat das Lokal von 10 bis 20 Uhr. Dienstag und Mittwoch sollen Ruhetage eingelegt werden.
Sandra Lewerenz ist zuversichtlich, dass der Ausflug der GSW in die Gastronomie gelingen kann – und dass positive Synergieeffekte für die Heimbewohner entstehen. Denn auch das Ernährungskonzept der Großküchen soll vom frischen Wind profitieren.
Quelle: Harzer Volksstimme | Text & Fotos: Julia Bruns